Christoph Boecken liebt alte Filmkameras. In seinem Regal befinden sich Klassiker wie die Zenza Bronica SQ-Ai, die Mamiya RB67 Pro SD oder auch die Pentax 6×7. Christoph lebt in Berlin und arbeitet als selbstständiger Softwareentwickler. Zudem betreibt er den Foto-Blog Jeriko.
So bin ich auch auf Christoph aufmerksam geworden. Da ich seine Art der minimalistischen, reduzierten Schwarzweiß-Fotografie sehr beeindrucken finde, habe ich ihm ein paar Fragen zu seiner Art zu fotografieren gestellt.
1. Wie bist Du zur Fotografie gekommen?
2008 oder 2009 fing ich verstärkt an, Fotografen auf meinem Blog Jeriko vorzustellen und mich mit der Thematik ein bisschen auseinanderzusetzen. Hinzu kam, dass Freunde von mir tolle Fotos machten und damit dem Wesen „Fotograf“ ein Gesicht gaben.
Da dachte ich mir, das kannst du vielleicht auch. Bei einem Online-Marktplatz kaufte ich eine gebrauchte Einsteiger-DSLR und probierte mich aus. Das war vor fünf Jahren, die Fotografie ist seit dem zu einem wichtigen Bestandteil in meinem Leben geworden.
“Meine Kameras sind langsam, meine Shootings bedacht und ruhig, wir reden währenddessen sehr viel, machen in drei, vier Stunden vielleicht fünfzig Fotos.“
2. Mit welchem Equipment (Kamera, Objektive, Stativ, Filter …) fotografierst Du Deine Porträts hauptsächlich?
Ich habe immer eine Pentax 6×7 Mittelformatkamera dabei, daneben greife ich dann aber noch in den Schrank und ziehe ein oder zwei weitere Kameras heraus, auf die ich gerade Lust habe. Ich habe nicht gezählt, hier müssten sich aber etwa ein Dutzend Kameras befinden…
An der Pentax 6×7 befindet sich zum allergrößten Teil das 105mm f/2.4 Standardobjektiv, nur wenn es mal eng wird greife ich zum 55mm f/4 Weitwinkel. Das war es eigentlich schon, ich benutze für Portraits weder ein Stativ noch irgendwelche Filter.
3. Kannst Du Dich noch an das erste Foto erinnern, das Du fotografiert hast?
Nein. Und wahrscheinlich wäre es auch kein erinnerungswürdiges Foto.
“Schwarzweißfotografie lädt zum Experimentieren ein.”
4. Deine Schwerpunkt liegt im Bereich Schwarzweiß-Porträt. Gibt es dafür spezielle Gründe bzw. welchen Reiz übt dieser Bereich auf Dich aus?
Farbe lenkt für mich ab bzw. gibt dem Foto ein weiteres Element, dass ich nur schwer kontrollieren kann. Schwarzweiß lässt mich in Licht und Schatten denken, es ist wesentlich einfacher für mich, mir das Foto bereits im Kopf vorzustellen – auch wenn mir meine Augen da manchmal gerne einen Strich durch die Rechnung machen.
Bei der Fotografie mit Film kommen auch noch die Möglichkeiten dazu. Es gibt sehr unterschiedliche Filme, die das Bild unterschiedlich aufnehmen, dazu verschiedene Entwickler, die ebenfalls einen großen Einfluss auf das fertige Foto haben, und dann gibt es ja auch noch den Papierabzug… Schwarzweißfotografie lädt auch stark zum Experimentieren ein.
Und Portraits? Die Interaktion mit der Person vor der Kamera. Meine Kameras sind langsam, meine Shootings bedacht und ruhig, wir reden währenddessen sehr viel, machen in drei, vier Stunden vielleicht fünfzig Fotos. Es geht mir auch sehr stark um diese Interaktion, die Fotos sind tatsächlich zweitrangig.
5. Wie würdest Du Deinen fotografischen Stil beschreiben?
Unaufgeregt.
6. Was zeichnet Deiner Meinung nach ein tolles Foto aus?
Das kann ich wirklich nicht sagen. Wahrscheinlich hätte man hier gerne eine Antwort wie „ein Portrait muss eine Geschichte erzählen“ oder dergleichen, aber ganz ehrlich, ich weiss nicht warum mich Foto X kalt lässt, während mich Foto Y zu begeistern weiss.
“… ich kann nicht 30 Fotos bei einer Szene machen und mir dann das Beste aussuchen.”
7. Spielt der Zufall bei Deinen Arbeiten eine große Rolle oder ist vieles geplant?
Shootings an sich plane ich nicht, da ich ja meist kein Thema oder ähnliches habe. Höchstens sorge ich dafür, dass Fotografieren überhaupt möglich , also genügend Licht vorhanden ist, der Rest ergibt sich dann während des Shootings.
Die Fotos an sich sind aber alle „gestellt“, da überlasse ich nur wenig dem Zufall, einfach aus dem Grund dass es mit der Fotografie auf Film nicht anders geht: ich kann nicht 30 Fotos bei einer Szene machen und mir dann das Beste aussuchen.
8. Wie empfindest Du die technische Entwicklung in den letzten Jahren?
Verfolge ich nur am am Rand, da ich ja nicht digital fotografiere, kann ich also nicht so viel zu sagen. Beeindruckt hat mich allerdings der Aufstieg von Sony, die vieles einfach ausprobieren, selbst wenn es absolute Nischenprodukte sind.
9. Was sind die meist gestellten Fragen in Deinen Shootings?
Gute Frage, weiss ich ehrlich gesagt gar nicht so genau. Ich treffe mich meistens mit den Leuten zu einem Vorgespräch und erzähle so ein bisschen den Ablauf, und während des Shootings führe ich ja meistens. Ich glaube da ergeben sich Fragen gar nicht so direkt.
10. Was sind Deine meist genutzten Kameraeinstellungen im Hinblick auf Blende, ISO und Belichtungszeit?
Wenns geht Blende 4 bei 1/60s, das ist so der Sweet Spot beim 105mm Objektiv. ISO… nun ja, kommt auf den Film an. Kodak Tri-X belichte ich normalerweise mit ISO 800, wenns wirklich dunkel ist auch mal mit ISO 1600. Fujis Neopan bleibt bei seiner Nennempfindlichkeit von ISO 100, und wenn ich alle Jubeljahre mal einen Diafilm einlege habe ich sowieso keine andere Wahl als mich an die Vorgabe zu halten, da sonst sofort Farbverschiebungen drohen.
11. Welche Rolle spielt die Bearbeitung und womit bearbeitest Du Deine Fotos im Nachhinein?
Keine große Rolle, ich versuche ja bereits während des Fotografierens bzw. beim Entwickeln der Filme den gewünschten Look hinzukriegen, was mir meist auch ganz gut gelingt. Außer Kontraste hier und da ein bisschen anziehen oder ggf. die Belichtung ein bisschen zu korrigieren mache ich nicht viel.
12. Wer sind Deine fotografischen Vorbilder?
Jan Scholz macht großartige Fotos, kann man nicht anders sagen. Ryan Muirhead bewundere ich neben seinen Fotos für seine Einstellung zu eigentlich allem, ein grundsympathischer Mensch. Kürzlich stieß ich auf Steve Stanton, der fantastische Portraits von Kindern machte, eine Art der Fotografie, die mich sonst überhaupt nicht interessiert. Sonst folge ich sehr vielen Menschen bei Flickr, die mich mit ihrer Fotografie jeden Tag aufs neue beeindrucken.
” Ich habe mich viel zu lange in meiner Komfortzone bewegt und mich nicht heraus getraut …”
13. Im Hinblick auf fotografieren lernen: Was hättest Du gerne damals gewusst?
Dass man Dinge einfach probieren muss, völlig egal ob man damit auf die Schnauze fällt oder nicht. Ich habe mich viel zu lange in meiner Komfortzone bewegt und mich nicht heraus getraut, rückblickend hätte ich mit Portraits schon viel früher anfangen sollen.
14. Hast Du ein Foto, auf das Du besonders stolz bist?
Ja, aber es existiert nur noch in meinem Kopf: das erste Portrait, dass ich von einer mir völlig fremden Person gemacht habe, die ich einfach auf der Straße angesprochen habe. Ich war furchtbar aufgeregt, hatte regelrecht Angst, das Foto selbst ist bestimmt auch kein Highlight gewesen, aber darum ging es mir an dem Tag nicht: ich hab einen Schritt aus meiner Komfortzone gewagt, das war so viel wichtiger als jedes Foto. Der Film war allerdings über 10 Jahre alt, nach dem Entwickeln war darauf nichts mehr zu sehen. Behalten habe ich ihn trotzdem.
15. Was sind Deine nächsten Herausforderungen, auf die Du dich besonders freust?
Einfach besser bei Portraits werden. Mich vielleicht doch mal in Akt probieren, das ist noch mal ein ganz anderes Level, wenn es nicht billig werden soll.
Christoph Boecken im Internet:
Website: christophboecken.de
Flickr: flickr.com/photos/chrisjeriko
FB: facebook.com/christophboecken.de
Instagram: instagram.com/jeriko
Fotos: (c) Christoph Boecken
Business-Fotograf | Autor | Fototrainer
Ich liebe die Fotografie und darüber zu schreiben – und das mache ich auf diesem Fotoblog seit 2015 und gelegentlich als Gastautor mit Beiträgen in c’t Fotografie, fotoforum, DigitalPHOTO. Zudem gebe ich Fotokurse, schreibe Fotografie-Ratgeber und arbeite als selbstständiger Business-Fotograf in Berlin und deutschlandweit.
Tolle Fotos. Sind die alle mit der Pentax fotografiert?