In der Fotografie – und natürlich auch in der Kunst im Allgemeinen – findest du viele kleine Kniffe und Regeln, die dir in der Komposition helfen. Der Goldene Schnitt ist eine dieser bekannten Regeln für einen spannende Bildgestaltung, wodurch dein Motiv besser zur Geltung kommt. Diese Bildgestaltungsregel findet sich gar nicht mal nur in der Fotografie, Kunst und Architektur – nein, du findest viele Anordnungen nach dem Goldenen Schnitt sogar in der Natur. Und diese nehmen wir als sehr harmonisch wahr. Was aber bewirkt eigentlich diese Kompositionsregel? Und warum wirkt sie auf uns so harmonisch? Darum geht’s in diesem Artikel – Der Goldene Schnitt: Einfach erklärt mit Praxistipps und Bild-Beispielen. Zudem erkläre ich dir, wie du den Goldenen Schnitt ermittelst und wann du ihn oder die Drittelregel in der Bildkomposition in deiner Fotografie einsetzt.
Warum ist der Goldene Schnitt so wichtig?
Diese Regel der Komposition kommt eigentlich aus der Kunst und Architektur und fand bereits in der Antike zur Zeit des Euklid sein Anwendung. Heutzutage wird sie auch in der Fotografie angewendet wird, um harmonische Bildkompositionen zu erzielen.
Die Erforschung dieser Regel lässt sich auf einen grundlegenden Gedanken zurückführen: Wie kann man die Strecke zwischen zwei Punkten so aufteilen, dass die verbleibenden Segmente weder zu langweilig und auch nicht zu viel Spannung erzeugen. Also gerade so, dass sie in der Komposition harmonisch und attraktiv wirken.
- Teile ich die Strecke direkt in der Mitte, erhält man zwei identische Abschnitte (was dann eine Symmetrie wäre und oft als monoton empfunden wird).
- Wähle ich hingegen eine zufällige Stelle für die Teilung, entsteht oft keine ausgeglichene Beziehung zwischen den Abschnitten. Oft kippt es dann irgendwo ab. Auch nicht gut!
Hier kommt der Goldene Schnitt ins Spiel, der uns eine harmonische und doch spannende Aufteilung für unsere Wahrnehmung ermöglicht.
Der Goldene Schnitt (und damit auch der irrationale Zahlenwert als das große Phi bezeichnet), ist ein in Kunst und Architektur verwendetes Verhältnis, das Harmonie und ästhetische Balance erzeugt.
Er legt das Verhältnis zwischen zwei Teilen eines Ganzen fest, wobei der größere Teil in der gleichen Proportion zum kleineren Teil steht wie der kleinere Teil zum gesamten Ganzen. Dieses Verhältnis wird als “golden” bezeichnet, da es in der Natur weit verbreitet ist und als besonders harmonisch empfunden wird.
Was hat der Goldene Schnitt mit der Fibonacci Spirale zu tun?
Der Goldene Schnitt und die Fibonacci-Spirale haben beide etwas mit Zahlen und Mustern zu tun, die in Kunst, Architektur und der Natur vorkommen und als schön gelten.
Die Fibonacci-Sequenz ist eine Reihe von Zahlen, bei der jede Zahl die Summe der beiden Zahlen davor ist, zum Beispiel: 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34 usw. Wenn man das Verhältnis zwischen zwei aufeinanderfolgenden Fibonacci-Zahlen betrachtet, kommt man dem Goldenen Schnitt immer näher, je größer die Zahlen werden.
Die Fibonacci-Spirale entsteht, wenn man Quadrate mit den Seitenlängen der Fibonacci-Zahlen zeichnet und dann eine Kurve durch die Ecken der Quadrate legt. Diese Spirale hat etwas mit dem Goldenen Schnitt zu tun, weil sie eine bestimmte Art von Spirale ist, die auf dem Goldenen Schnitt basiert.
Sowohl der Goldene Schnitt als auch die Fibonacci-Spirale sind in der Natur oft zu finden, zum Beispiel bei der Anordnung von Blättern an einer Pflanze oder der Struktur von Schneckenhäusern.
In einfachen Worten ausgedrückt, sind der Goldene Schnitt und die Fibonacci-Spirale miteinander verbunden, weil sie beide auf Zahlen und Mustern basieren, die in der Natur, Kunst und Architektur als harmonisch und schön gelten.
Rechner: Wie ermittle ich den Goldenen Schnitt?
Er beschreibt ein Verhältnis von etwa 1:1,618, bei dem die kleinere Fläche zum größeren Teil steht wie der größere Teil zur Gesamtfläche. Puh, das klingt aber kompliziert.
Einfacher und in Prozent ausgedrückt kommst du auf das folgende Verhältnis:
- a ≈ 61,8 %
- b ≈ 38,2 %
Dieses Verhältnis findet sich in vielen Bereichen der Natur, Kunst und Architektur wieder und wird als besonders ästhetisch empfunden.
Hier sind fünf Beispiele aus der Architektur, in denen du den Goldenen Schnitt findest:
- Parthenon in Athen:
Dieser Tempel aus dem alten Griechenland ist wahrscheinlich das bekannteste Beispiel für die Anwendung des Goldenen Schnitts in der Architektur. Viele Aspekte des Gebäudes, wie die Breite und Höhe der Säulen sowie die Proportionen der Fassade, folgen dem Goldenen Schnitt. - Pyramiden von Gizeh:
Obwohl es Diskussionen darüber gibt, inwieweit der Goldene Schnitt tatsächlich in den Pyramiden angewendet wurde, stimmt das Verhältnis der Höhe zur Basislänge der Großen Pyramide von Gizeh sehr nahe mit dem Goldenen Schnitt überein. - Notre-Dame in Paris:
Die Kathedrale Notre-Dame nutzt den Goldenen Schnitt in ihrer Struktur. Die Anordnung der architektonischen Elemente, wie Fenster und Türen, folgt häufig diesem Prinzip. - Taj Mahal in Indien:
Dieses berühmte Mausoleum ist ein weiteres Beispiel für die Anwendung des Goldenen Schnitts. Die Höhe der Kuppel im Vergleich zur Höhe des Rests des Gebäudes und die Proportionen der verschiedenen Elemente des Bauwerks folgen dem Goldenen Schnitt. - Das UN-Gebäude in New York:
Das Hauptgebäude der Vereinten Nationen, das Hochhaus, folgt dem Goldenen Schnitt in seinen Proportionen. Die Höhe des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Breite entspricht dem Goldenen Schnitt.
Um den Goldenen Schnitt in deinen Fotos zu nutzen, musst du zuerst die Punkte finden, an denen du deine Motive platzieren solltest. Viele Kameras bieten dir die Möglichkeit, ein Gitter im Sucher oder auf dem Display anzuzeigen, das dir bei der Ausrichtung hilft. Wenn du das Gitter nicht hast, kannst du auch einfach eine Spirale im Kopf zeichnen und versuchen, deine Motive entlang der Linien zu platzieren.
Der Goldene Schnitt und die Drittelregel: Wann setze ich die Bildkomposition ein?
Dieser ist mit der Drittelregel sehr eng verwandt. Während der Goldene Schnitt ein spezielles Verhältnis von Flächen beschreibt, teilt die Drittelregel das Bild in neun gleiche Teile auf, indem es horizontal und vertikal in Drittelschritte unterteilt wird. Die wichtigsten Elemente des Motivs sollten auf den Schnittpunkten dieser Linien platziert werden.
Die Drittelregel ist einfacher anzuwenden und wird häufiger in der Fotografie verwendet, während diese Kompositionshilfe eher in der Architekturfotografie und Kunst zum Einsatz kommt. Allerdings kannst du den Goldenen Schnitt auch in der Landschaftsfotografie oder bei Porträtaufnahmen einsetzen, um interessante Kompositionen zu erzielen.
Praxistipps und Bild-Beispiele
Tipp 1: Landschaftsfotografie
In der Landschaftsfotografie kannst du den Goldenen Schnitt nutzen, um den Horizont auf einer harmonischen Position zu platzieren. Anstatt den Horizont genau in der Mitte des Bildes zu setzen, positioniere ihn entlang einer der horizontalen Linien, die durch die Drittelregel oder den Goldenen Schnitt entstehen. So entsteht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Himmel und Landschaft.
Tipp 2: Porträtfotografie
Auch bei der Porträtfotografie kann dieser Bildgestaltungstipp helfen, um das Gesicht des Models harmonisch in Szene zu setzen. Versuche, die Augen oder den Mund des Models auf einer der horizontalen Linien zu positionieren, die durch den Goldenen Schnitt entstehen. So erzielst du eine ansprechende Bildkomposition.
Tipp 3: Architekturfotografie
In der Architekturfotografie spielt diese Regel der Komposition eine besonders große Rolle. Viele Bauwerke, wie zum Beispiel das Parthenon in Athen, sind nach diesem Prinzip erbaut. Achte darauf, das Hauptmotiv – zum Beispiel ein markanter Turm – entlang einer der Linien oder Schnittpunkte des Goldenen Schnitts zu platzieren.
Tipp 4: Bildbearbeitung
Solltest du beim Fotografieren den Goldenen Schnitt oder die Drittelregel nicht beachtet haben, kannst du die Bildkomposition in der Bildbearbeitung anpassen. Schneide das Foto so zu, dass die wichtigsten Elemente entlang der Linien oder Schnittpunkte des Goldenen Schnitts liegen.
Tipp 5: Übung macht den Meister
Je mehr du dich mit dem Goldenen Schnitt beschäftigst, desto leichter wird es dir fallen, ihn in der Fotografie einzusetzen. Übe das Anwenden der Regel bei verschiedenen Motiven und Situationen, um ein Gefühl für harmonische Bildkompositionen zu entwickeln.
Ein mächtiges Werkzeug in der Fotografie
Diese Kompositionsregel ist ein mächtiges Werkzeug in der Fotografie, das dir hilft, ästhetische und harmonische Bildkompositionen zu erzielen. Obwohl die Drittelregel einfacher anzuwenden ist, lohnt es sich, den Goldenen Schnitt in verschiedenen fotografischen Situationen auszuprobieren. Mit etwas Übung wirst du schnell merken, wie sich die Qualität deiner Fotos verbessert.
Business-Fotograf | Autor | Fototrainer
Ich liebe die Fotografie und darüber zu schreiben – und das mache ich auf diesem Fotoblog seit 2015 und gelegentlich als Gastautor mit Beiträgen in c’t Fotografie, fotoforum, DigitalPHOTO. Zudem gebe ich Fotokurse, schreibe Fotografie-Ratgeber und arbeite als selbstständiger Business-Fotograf in Berlin und deutschlandweit.