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Es berührt mich und ich fühle es im Bauch: Street-Photographer Daniel Eliasson im Interview

Daniel Eliasson ist ein Street-Fotograf aus dem schwedischen Göteborg. Er liebt es den Alltag der Menschen zu dokumentieren. Doch entgegen vieler angehender Street-Photographer – und auch entgegen meiner bisherigen Vorgehensweise – möchte er sogar erkannt werden und bedankt sich, nach dem er das Foto gemacht hat. Er mag es nicht die Kamera zu verstecken.

Vor einiger Zeit bin ich zufällig über die Bilder von Daniel gestolpert. Diese haben mich fasziniert. So viel Nähe und Zerbrechlichkeit liegt in ihnen. Seine Fotos sind Langzeitprojekte mit Themen wie Liebe, Einsamkeit oder auch Zeit.

Letztens hatte ich die Gelegenheit ihm ein paar Fragen zu seiner Fotografie zu stellen. Ich war erstaunt mit wie viel Respekt er bei seiner Fotografie vorgeht.

Kannst du von der Fotografie leben?

Ja, könnte ich. Aber ich habe beschlossen, dies nicht zu tun. Ich habe Bedenken, dass ich als professioneller Fotograf mich zwingen müsste bestimmte Bilder zu machen, mit denen ich Geld verdienen kann. Jetzt kann ich die Fotos machen, die ich persönlich mag ohne den Gedanken damit Geld verdienen zu müssen.

Was für ein Foto-Equipment nutzt du?

80% der Zeit fotografiere ich mit einer Canon EOS 5D MKII und einem Canon 24-70mm f/2.8 USM L Objektiv. Für dunkle Nächte und Indoor-Fotos verwende ich meine 50mm f/1.4 Festbrennweite. Auch nutze ich häufig meine Fuji X100S, je nach Stimmung. Die Fuji habe ich in der Regel immer dabei.

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Foto aus der Serie “project loneliness”, Foto (c) Daniel Eliasson

“Ich liebe es „zu nahe zu kommen“, so dass der Betrachter das Gefühl für den Moment bekommt.”

Wenn du unterwegs bist, mit welchen Einstellungen fotografierst du?

Ich bin durchweg im manuellen Modus. Als Verschlusszeit nutze ich in der Regel mindestens 1/500s, um Bewegung „einzufrieren“. Die Blende setzte je nach und die Blende je nach Laune. In der Regel f/2.8 oder f/11, je nach Situation und dem, was ich versuche, mit meinem Bild zu machen. ISO stelle ich so ein, wie es die korrekte Belichtung erfordert. Aber ich hab keine Bedenken im ISO-Wert hoch zu gehen. Gelegentlich gehe ich sogar bis zu 256 000 ISO, wenn nötig, um das Motiv einzufangen. Ich habe nichts gegen Rauschen oder sogar absichtlich Rauschen in der Nachbearbeitung hinzu zu fügen.

Wie hast du mit der Fotografie gestartet?

Ich fotografiere, seit ich Teenie bin und habe nie damit aufgehört. Vor etwa 11 Jahre kaufte ich meine erste DSLR (Canon EOS 300D) und war verliebte in die Kamera. Ich habe es vor allem für die Dokumentation des Alltags mit meinen Kindern genutzt. Auch habe ich meine ersten Gehversuche auf der Straße gemacht ohne zu wissen, das es ein Genre namens “Street Photography” gibt.

Vor knapp 2 Jahren hatte ich erstmals den Mut meine Fotos öffentlich zu präsentieren und erhielt tolles Feedback für meine Bilder. Das hat mich sehr überrascht, da ich selbst eigentlich nie 100% zufrieden war mit meinen Bildern. Ich lerne stetig dazu beim fotografieren und versuche mich zu verbessern.

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“Scent of your hair” aus der Serie “project love”, Foto (c) Daniel Eliasson

Wie bezeichnest du deinen fotografischen Stil?

Meine Bilder haben einen starken Fokus auf den Menschen. Ich liebe es „zu nahe zu kommen“, so dass der Betrachter das Gefühl für den Moment bekommt. Ich versuche, Emotionen wie Liebe, Depression, Einsamkeit oder Dunkelheit einzufangen. Ich mag keine glücklichen Bilder. So denke ich, haben meine Fotos immer eine gewisse traurige oder sentimentale Note.

Was macht ein Foto für dich besonders?

Ein gutes Foto trifft mich wie ein Schlag. Es berührt mich und ich fühle es im Bauch.

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Foto aus der Serie “project loneliness”, Foto (c) Daniel Eliasson

In der Streetfotografie scheint alles spontan. Kannst du ein gutes Bild planen?

Während eines Street-Shootings versuche ich den nächsten Schritt voraussehen. Ich denke nie. Stattdessen versuche ich, zu fühlen wenn das nächste Foto kommt. Ich versuche mich zu platzieren, um eine gute Bildgestaltung hinzubekommen. Ich vermeide Ablenkung im Hintergrund bevor ich auf den Auslöser drücke. Ich versuche, so lange unbemerkt zu bleiben, bis ich auf den Auslöser drücke. Jedoch ist es nach der Aufnahme fast unvermeidlich, nicht mit der Person zu sprechen, da ich so nah dran bin.

In wie weit respektierst du die Grenzen der Menschen auf der Straße?

Ich versuche nicht, meine Kamera zu verstecken und versuche immer sicherzustellen, dass die Person die ich gerade fotografiert habe auch bemerkt, dass ich sie gerade fotografiert habe. Ich schenke ihnen dann ein freundliches Lächeln, ein “Danke” oder einen einfachen Daumen nach oben zu. Wenn sie fragen, was ich tue, gebe ich ihnen meine Visitenkarte und erkläre, was Straßenfotografie bedeutet. Wenn du mit deiner Kamera umherschleichst, gerätst du viel eher in Schwierigkeiten. Ich habe das Gefühl die Aufgabe zu haben, den Alltag auf der Straße zu dokumentieren. Sobald ich Kinder fotografiere achte ich immer darauf den Blickkontakt mit den Eltern zu haben und ein einfaches Lächeln zu bekommen oder ein Kopfnicken.

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Fotos aus der Serie “street portraits”, Fotos (c) Daniel Eliasson

Wann hast du dir deine letzte Kamera oder Fotoausrüstung gekauft?

Mein letztes Fotozubehör war Studio-Equipment für mein Fotostudio. Ich hatte 12 Objektive, habe mich aber dazu entschlossen 8 davon zu verkaufen. Also ich denke, ich habe mein GAS (Gear Acquirement Syndrome) überwunden.

Was hättest du gerne schon früher gewusst?

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Selbstportrait Daniel Eliasson, Foto (c) Daniel Eliasson

Meine Philosophie ist, dass der Klavierspieler nicht besser spielt, nur weil er sich ein anderes Klavier kauft. Besser ist es die Energie ins fotografieren lernen zu stecken, als immer neuer Ausrüstung nachzujagen. Wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich eine Menge Geld gespart. Also ich beschlossen habe mit einem Objektiv ein Jahr lang zu fotografieren, habe ich mehr gelernt also in 10 Jahren vorher.

Hast du ein Bild, das dich stolz macht?

Meine persönlichen Favoriten sind “The scent of your hair” und “Balloon daddy and his family”. “The scent of your hair” habe ich in der Straßenbahn Göteborg im Februar fotografiert – spät in die Nacht. Ich mag dieses sanfte Gefühl und die Zeitlosigkeit des Fotos. Dieses Foto beinhaltet alles, was ich an Straßenfotografie so liebe.

“Balloon daddy and his family” ist ein weiterer Favorit, und ich bin wirklich ein wenig stolz auf mein Timing. Ich sah die Familie auf der anderen Seite der Straße. Ich hob meine Kamera und wartete auf den richtigen Moment den Auslöser zu drücken. Ich hatte einen Schuss und es war perfekt. Der Ballon war perfekt ausgerichtet. Die Mutter war in der Mitte der Stufe, und die Kinder, die sich gegenseitig necken. Was ich mag ist, dass die Mutter und das “Gehen Zeichen” ein tolle Wiederholung bilden, die das Foto abrunden. Ich hab es auch in Göteborg fotografiert.

Auf welche Herausforderung freust du dich?

Meine erste große Ausstellung ist vor ein paar Wochen in Göteborg gestartet. Die Eröffnung hatte mehr als 100 Besucher während 3 Stunden, weit über meiner Erwartung. Zudem habe ein paar von Veranstaltungen und Workshops geplant.

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“Balloon daddy and his family”, Foto (c) Daniel Eliasson

Mehr über Daniel findet ihr hier:

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Julia

Wow! Ich finde die Bilder absolut faszinierend (und nicht nur weil ich ein Fan des Genres bin).

Da Street Photography aufgrund des Persönlichkeitsrechts der abgebildeten Personen heikel ist: Könnt ihr mir die Frage beantworten welche Möglichkeiten ich habe mich juristisch auf nicht allzu dünnem Eis zu bewegen?

Ist es bereits verboten das Foto zu machen oder kann bin ich “save”, wenn ich nach dem Fotografieren frage (und ggf. eine Einverständnierklärung unterschreiben lasse) und das Foto bei keinem Einverständnis lösche?

Viele Grüße

Julia

Jana

Total berührende Bilder! Muss mich auch mal trauen näher ran zu gehen beim Fotos machen.

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