Ich liebe das Unterwegssein mit der Kamera, die leisen Momente zwischen zwei Blicken, die besondere Lichtstimmung, die andere übersehen. Doch ich bin ehrlich: Ich gehöre nicht immer zu denen, die einfach auf fremde Menschen zugehen und sie um ein Foto bitten. Auch, wenn ich eigentlich als Porträt-Fotograf arbeite.
Klar, Menschen sind spannende Motive – keine Frage. Aber oft sind es auch Momente, womit wir uns nicht wohl fühlen unbedingt jemanden anzusprechen oder nach einem Foto zu betteln. Denn wir sind gerade für uns, wollen beobachten und es ist fast wie Meditation.
Ich finde: Genau da liegt eine riesige Chance. Denn wenn du dich nicht auf das Offensichtliche konzentrierst, fängst du an, anders zu sehen. Du wirst wacher für Details, für Licht, Formen, Stimmungen – für das, was andere übersehen.
Deshalb teile ich heute mit dir meine 10 liebsten Fotomotive – abseits von Menschen. Sie sind ruhig, subtil, manchmal ganz alltäglich – aber sie tragen trotzdem Geschichten in sich.
1. Schatten – der stille Hauptdarsteller
Schatten ziehen mich immer wieder magisch an. Sie formen Räume, schaffen Tiefe, erzählen fast ohne Inhalt eine Geschichte. Und sie laufen dir nicht weg. Du kannst beobachten, warten, experimentieren – und dem Licht beim Arbeiten zusehen.
Morgens oder am späten Nachmittag (zur Goldenen Stunde) ist das Licht oft weicher, diffuser – aber genau das macht Schatten hier spannend. Besonders früh morgens oder am späten Nachmittag.
2. Tassen & Gläser – stille Zeugen des Alltags
Es gibt kaum ein banaleres Objekt – und trotzdem faszinieren mich Tassen immer wieder.
Wie sie dastehen. Halbvoll. Vergessen. Neben einem Buch. Am Fenster.
Gläser liebe ich besonders wegen des Spiels mit Licht. Brechung, Reflexion, Transparenz – man kann sie ständig neu entdecken. Und das Beste: Sie sind immer verfügbar.
3. Wege & Straßen – die große Geste im Kleinen
Egal ob Stadt oder Land:: Straßen sind wundervolle Motive – Kopfsteinpflaster, breite Alleen, verwinkelte Gassen. Ich liebe es, Wege zu fotografieren, weil sie eine Richtung vorgeben – auch wenn sie ins Nichts führen.
Straßen sind wie eine Einladung: „Geh mit. Sieh selbst.“
Manchmal sind sie das Bild. Manchmal nur die Bühne.
4. Tiere – kleine Begegnungen mit Charakter
Ob Taube am Bahnhof oder Hund im Park – Tiere in der Stadt überraschen mich immer wieder.
Sie sind ungestellt, ehrlich, oft mitten im eigenen Ding – und genau das macht sie so spannend.
Wenn ich auf Reisen bin oder raus ins Grüne fahre, nehme ich mir bewusst Zeit für tierische Begegnungen. Geduld zahlt sich aus.
5. Regentropfen – Fotografie im Detail
Berlin im Regen – da denkt man schnell an graue Tage. Ich denke an Textur.
Tropfen auf Fenstern, auf Pflanzen, auf Autoscheiben: Für mich ist das pure Poesie. Still, reduziert, nah dran.
Ich fotografiere Tropfen oft in Schwarzweiß. Dann geht es nur um Form, Licht, Struktur.
6. Züge – Rhythmus, Bewegung, Einsamkeit
Ich liebe Bahnhöfe. Nicht nur wegen der Linien und Perspektiven – sondern auch, weil sie ein Ort des Übergangs sind.
Züge sind visuell spannend, egal ob sie einfahren, durchrauschen oder einfach nur daliegen.
Das Licht in alten S-Bahnen hat etwas ganz Eigenes. Innen wie außen: Züge erzählen immer Geschichten.
7. Spiegelungen – zwei Welten, ein Bild
Spiegelungen sind für mich der Inbegriff von kreativer Reduktion. Sie machen aus Alltäglichem etwas Rätselhaftes.
Ich fotografiere oft durch Fensterscheiben – das echte Bild und das Spiegelbild verschmelzen dann zu einer neuen Wirklichkeit.
Besonders spannend in Cafés, in der Bahn oder bei Regen auf Asphalt.
8. Fenster – rahmen, filtern, erzählen
Ein Fenster ist mehr als ein Loch in der Wand. Es ist ein Bild-im-Bild.
Es zeigt, es verbirgt, es spielt mit Licht.
Ich mag es, durch Fenster zu fotografieren – oder sie als Motiv einzusetzen. Besonders spannend, wenn sie Licht formen oder den Raum strukturieren.
9. Silhouetten – Kontrast pur
Gegenlichtaufnahmen mit klarer Umrissform – Silhouetten haben eine enorme visuelle Kraft.
Sie reduzieren auf das Wesentliche, schaffen Spannung und Stille zugleich.
Ich liebe es, Silhouetten gegen den hellen Himmel zu fotografieren – besonders im Winter, wenn das Licht flach und klar ist.
10. Leere Stühle – die Abwesenheit als Geschichte
Mein persönliches Lieblingsmotiv. Ich fotografiere ständig leere Stühle.
Sie sind wie kleine Gedichte über das, was war – oder kommen könnte.
Ein einzelner Stuhl auf einem Uni-Campus. Zwei Stühle in der Abendsonne vor einem Café. Ein Stuhl mitten im Grün eines verlassenen Gartens.
Für mich sind sie ein Symbol für menschliche Spuren, ohne dass Menschen sichtbar sein müssen.
Sehen beginnt mit Hinschauen
Du musst nicht laut oder aufdringlich sein, um starke Bilder zu machen. Du musst nur sehen lernen – wirklich sehen. Licht. Form. Spuren. Rhythmus.
Fotografie heißt nicht immer: auf Menschen halten. Manchmal heißt es: die Welt ohne sie wahrnehmen.
Und oft erzählen gerade die Motive ohne Gesichter die stärksten Geschichten.
Business-Fotograf | Autor | Fototrainer
Ich liebe die Fotografie und darüber zu schreiben – und das mache ich auf diesem Fotoblog seit 2015 und gelegentlich als Gastautor mit Beiträgen in c’t Fotografie, fotoforum, DigitalPHOTO. Zudem gebe ich Fotokurse, schreibe Fotografie-Ratgeber und arbeite als selbstständiger Business-Fotograf in Berlin und deutschlandweit.